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Betrachtung der Gesellschaft – Die Bockwurschtbude im Interview


Foto: BWB


Im Dezember erschien nach 9 Jahren das neue Album der Bockwurschtbude. Auf „Sippenhaft“ wird der Ton schärfer, was anscheinend nicht beabsichtigt war. Im Interview mit dem Oilenköper quatschen die Punks aus Brandenburg über Inspiration, Gesellschaft, Besetzungswechsel und Nicht-Politik.


Die Bockwurschtbude sind: MO: Mikro Mostrich (voc, git)

RR: Riggø Rübe (git, back voc)

AA: Andie Agave (bs, back voc)

MA: Mieschka Mayonaise (dr, back voc)


Oilenköper: Seit BACK TO THE ROOTS sind 9 Jahre vergangen. Mehrmals, meine ich auf eurer Homepage bzw. euren Social Media-Kanälen gelesen zu haben, dass es ins Studio geht. Wie viele Anläufe hat SIPPENHAFT letztlich gebraucht?

MA: Haben wir das? Ich weiß es gar nicht so genau. Wir haben hier und da mal was im Proberaum aufgenommen, unter anderem für ne Split-Single. Aber für das Album haben wir im letzten Jahr erst so richtig angefangen, haben dafür aber auch drei Anläufe gebraucht.


Sind die Songs dann in einem Zug aufgenommen worden oder in mehreren Sessions?

MA: Nee, das haben wir schon - jedes Instrument für sich - in einem Ritt aufgenommen. Also nicht über mehrere Jahre verteilt.


Die Texte, nehme ich an, sind über die Jahre entstanden?

MA: Das stimmt. Der älteste ist fast sogar gleich nach der BTTR-Platte ca. 2013 oder 2014 entstanden. Der letzte dann zur Aufnahme Ende 2021.

RR: Das meiste ist zwischen 2016 und 2021 entstanden.


Im Vergleich zu euren alten Songs, ist SIPPENHAFT sehr politisch geworden. Ist die BOCKWURSCHTBUDE erwachsen geworden?

MA: Man könnte den Eindruck haben, wenn man sich das Feedback bisher ansieht bzw. anhört. Aber eigentlich - Nee, nicht wirklich. Zumindest wir als Menschen sind doch manchmal recht infantil. Haha.

RR: Ich denke nicht, dass die Texte politisch sind. Eher Betrachtungen dieser Gesellschaft und verschiedener Ereignisse. Es ist einfach krass, wie diese Erwachsenen so ticken :).


Das Album ist sicher nicht ohne Witz, aber im Vergleich zu den Vorgängern sehr ernst. War das so geplant oder ist das einfach passiert?

MA: Geplant war das so nicht. Riggø, der die meisten Texte geschrieben hat, hat´s allerdings auch nicht so mit Funpunk, denke ich. Haha.

RR: Geplant war da sicher nichts. Ich kann einfach nichts Witziges zu Papier bringen oder so.


Welche Geschehnisse haben euch beim Songwriting am stärksten beeinflusst?

MA: Meinst Du jetzt das Gitarren-, Bass- oder Schlagzeugspiel oder die Texte? Für Letzteres haben natürlich immer aktuelle politische Themen - aber auch persönliche Ereignisse - eine Rolle gespielt.

RR: Es gab eigentlich kein besonderes Geschehnis. Es ist wohl einfach die Entwicklung der Gesellschaft. Wie gleichgültig es z.B. betrachtet wird, dass Menschen im Mittelmeer ersaufen.

Ja genau, die Frage zielte auf die Texte ab. Da wäre thematisch noch der „Scheißsong“ interessant, der nicht wirklich ins Gesamtbild zu passen scheint. Macht ihr euch überhaupt ne Platte darüber, was mit kommt und was nicht? Sind noch Songs in der Schublade geblieben oder ist wirklich alles Material auf dem Album gelandet?

RR: Also „Scheißsong“ sollte unbedingt mit drauf. Eben um das Ganze ein bisschen aufzulockern. Und metaphorisch betrachtet passt der Song trotz seiner doch heiteren Stimmung wieder gut ins Gesamtkonzept:))).

MA: Wir haben nix weiter in der Hinterhand. Auf der Platte ist alles drauf, was wir in den letzten Jahren gemacht haben. Wir haben auf Qualität gesetzt. Nicht auf Quantität. Haha.


Im Gegensatz zu den Vorgängern, ist auf der Sippenhaft keine Szene-Kritik zu hören. Da ist also alles super?

MA: Oh! Ganz heißes Eisen! Nee, sicher nicht. Aber die ganz großen Themen, die wir bearbeitet haben, kann man ja auch im Kleinen anwenden. Unsere Subkultur ist ja auch nur ein Spiegelbild der Gesellschaft. Also wenn man möchte, können sich gewisse Personen und Gruppierungen schon auch darin wiederfinden.


„Alltag“ erinnert noch am meisten an „früher“ und hebt sich klanglich von den anderen Songs ab. Habt ihr da irgendwas anders gemacht?

MA: Keine Ahnung. Tatsächlich ist es aber das älteste Stück, was vorhin schon angesprochen wurde. Mit dem Solo dazu hat Riggø übrigens den Einstieg in unsere Band gefunden. Das Stück wurde ja schon mal in einer Demo-Version veröffentlicht. Auch beim Mix, hat der Jens Halbauer von den MATATU-Studios etwas anderes gefühlt und wollte den Mix in der Stimme etwas anders angehen. Letztendlich haben wir es aber so belassen, dass es sich besser ins Gesamtbild einfügt. Anscheinend scheint es aber doch herauszustechen.


Auf jeden Fall! Das Album hört sich schon nach BOCKWURSCHTBUDE 1.1 an. Die Arrangements wirken ausgefeilter als zuvor, bis hin zu Gitarrensoli. Auch ein Resultat dessen, dass ihr euch so viel Zeit gelassen habt? Oder hat auch der Besetzungswechsel damit zu tun?

MA: Beides. Wenn man viel Zeit hat oder sie sich nehmen muss, frickelt man ja doch immer wieder mal ein bisschen an den Songs rum. Die Besetzungswechsel spielen da aber auch rein. Da sind ja ganz andere Einflüsse hinzugekommen und man hat sich gegenseitig befruchtet. Jetzt arbeiten wir daran uns zur BOCKWURSCHTBUDE 2.0 zu entwickeln.

RR: Ja, denke ich auch. Neue Leute, neue Einflüsse. Mirko hat das Songwriting aber auch großartig gemacht. Das ging so: „Welche Stimmung hat der Song? Aha...hier haste n Grundgerüst.“ Es hat schon richtig Spass gemacht, an den Songs zu basteln. Das Gros ist eigentlich auf Arbeit während der Pausen entstanden. HaHa.

MI: Ihr habt aber lange Pausen…


Wie kam es überhaupt dazu? Rosi war ja sehr lange an Bord…

MA: Ach, er suchte eine neue Herausforderung. Sein Vertrag lief bei uns aus und im Winter-Transferfenster 2020/21 ist er dann ablösefrei zu TELEKOMA gewechselt. Wir wünschen ihm für seine private wie berufliche Zukunft alles Gute.


Wisst ihr, dass in eurem Wikipedia-Artikel steht, dass Andie Agave dieses Jahr durch Andreas Löhr ersetzt worden sei?

MA: Das hab ich gelesen. Das habe ich im Zuge der Albumveröffentlichung eigentlich schon geändert, wurde aber eine Zeit lang nicht angezeigt, weil es von einem Mitglied geprüft werden musste oder so. Ich kenn mich da nicht so wirklich aus. Jetzt scheint es aber wieder richtig dort drinzustehen.

RR: Haben wir schon wieder einen neuen Bassisten?

MA: Ja, sozusagen. Lustigerweise denken auch manche Leute, wir würden jetzt mit zwei Bässen spielen, weil man das im Booklet bei den Credits so lesen könnte. Letztendlich hatte bei den Songs mal Mikro und mal Riggø den Bass eingespielt. Andie ist erst später im Aufnahmeprozess dazugestoßen. Aber wir wollten ihn unbedingt gleich mit einbeziehen.


Hört sich so an, als wäre das Line-up wieder langfristig angelegt. Noch zu den Songs: Bei „Arschlecken“ geht es um den guten alten Freund und Helfer. Seid ihr persönlich von Schikane betroffen?

MA: Schauen wir mal. Mich würde es jedenfalls freuen, wenn wir noch eine Weile so zusammen musizieren könnten. Und zum Thema „Arschlecken“. Gibt es jemanden, der davon nicht betroffen ist?


„Dreck“, „Dieser Weg“, „Strandgut“ ,usw… Die einen haben alles, die anderen gar nichts. Und die, die ein bisschen was haben, werden genötigt, noch mehr zu wollen. Ist unsere Art zu leben eine Sackgasse?

MA: Wenn mich der Riggø manchmal vom Bahnhof abholt und wir zum Proberaum laufen, entwickeln sich manchmal Gespräche, die genau in diese Richtung gehen und da können auch schon mal solche Fragen auftauchen. Das ist teilweise schon philosophisch. Und während ich ja eher der Pessimist bin und der Menschheit kaum noch etwas zutraue, kann sich der Riggø damit nicht abfinden. Es besteht also noch Hoffnung.

RR: In meinen Augen schon. So optimistisch, wie Mieschka meint, bin ich dann doch nicht.


Müsstet ihr nicht eine Schlagerplatte machen, um die Botschaft dort hinzubringen, wo sie gehört werden müsste?

MA: Du meinst, man muss dahingehen, wo es wehtut? Für beide Seiten? Das kann sein.

RR: Wäre ein Gedanke wert hahaha. Andersrum vermitteln wir ja keine Botschaft oder agitieren in irgendeiner Form.


Es gehört ja schon fast zum guten Ton, dass ein Punk-Album nicht ohne Song gegen Nazis und die AfD auskommt. Ihr habt dennoch darauf verzichtet und es funktioniert ebenso. Bewusste Entscheidung oder Zufall?

RR: Auch wenn es wichtige Themen sind und wir da schon einen klaren Standpunkt haben, was könnte man dem bereits Besungenen noch hinzufügen.

MA: Na und wer soll sich das denn anhören? Und für den „Guten Ton“ machen wir eh nix. Wir sind ungehobelt und atonal, wie uns bescheinigt wurde. Haha. Diese „Preach to the converted – Diskussion“ gibt es ja auch derzeit. Genauso wie politische Ansagen auf der Bühne. Wir planen sowas nicht und wenn dann doch mal sowas rauskommt, dann passiert es eben.


Wer ist eigentlich Mördog? Geht's um den Fox-News-Typen? Auf jeden Fall geht der Song ja Hand in Hand mit Patentrezept. Auf der einen Seite die Wutbürger voller Hass und total drüber und dann die, denen alles am Arsch vorbei geht und die sich lustig machen, wenn man etwas ändern will. Ist das die vielbeschworene Spaltung, die ihr abbilden wollt?

MA: Du meinst RUPERT MØRDOCH? Ja, kann sein. Wir wollen unser Tun eigentlich nicht so erklären und das ist in diesem Falle eine sehr persönliche Geschichte. Jemand meinte letztens es würde auf Schwedisch „Zart gestorben“ bedeuten. Das finden wir recht charmant und das trifft es vielleicht auch noch mit am besten.


Letzte Frage: Wie lange müssen wir diesmal auf das nächste BWB-Album warten?

MA: Ach herrje. Das wird sich zeigen. Hoffentlich dieses Mal nicht so lange.

RR: Mal schauen. Im Moment liegen die Prioritäten noch nicht bei neuen Songs aber ich hoffe, wir kommen dieses Mal schneller zu Potte :).

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