Oilenköper
Befreie Dich! – „Die Maschine von morgen“ von Die Dorks in der Review
Giftig grün sind die beiden Scheiben, auf die Die Dorks ihr neues Album „Die Maschine von morgen“ gepresst haben. Und giftig sind auch die Songs. Heavy in doppelter Hinsicht, was Texte und Musik angeht! Metallischer Punk? Metal mit Punk-Attitüde? Irgendwo in der Mitte!
Die Dorks sparen auf dem aktuellen Longplayer, der am 30. April bei Coretex Records erschienen ist, nicht mit Kritik an der Gesellschaft und den in selbiger lebenden Individuen. Auf dem vorangegangenen Album „Der Arsch auf meinem Plattenteller“ gab es noch viele Seitenhiebe auf die sogenannte Szene – mit Augenzwinkern vorgetragen. Das ist weg. Es ist ernst. „Die Maschine“ macht wütend, sie soll befreien – von Zwängen, von Ängsten, von Depressionen.
Gegen die Zwänge der Gesellschaft
Schon das Intro erinnert mich ein wenig an „Breathing Lightning“ von Anthrax und gibt die Richtung gen Metal vor. Der Titeltrack nimmt das dankbar auf und entwickelt sich schnell zum Power-Stampfer. By the Way: Niemand singt so schön Schwein wie Sängerin Lizal Dork. Das Stück richtet sich, wie fast die ganze Platte, gegen den Mainstream, die Zwänge der Gesellschaft, die schwer auf den Schultern der Menschen lasten, die einfach anders sind. Mach dein Ding, befreie dich!
Auch „Der Aufmarsch der lebenden Toten“ schlägt textlich in diese Kerbe. Doch musikalisch dominiert nach kurzem Metal-Einstieg ein gut tanzbarer Ska-Beat. Schöne Melodiewechsel, treibende Drums, Metal-Riffs und besagte Punk-Attitüde – starker Song!
Blöde, anspruchslose Individuen
„Freaks ohne Namen“ ist die Hymne derer, die auf jegliche Zwänge scheißen. Wer soll sich an mich erinnern? Niemand. Man kann für alle ein Niemand sein, wenn man für sich selbst ein Jemand ist. Ende.
Eine harte Medienkritik ist im „Exzess der Nichtigkeit“ überhaupt nicht versteckt. Sie wird ganz offen ausgekotzt. Billige Unterhaltung für blöde, anspruchslose Individuen der Gesellschaft. Hey Konsument, was zur Hölle stimmt mit dir nicht? Ein verrückt gebauter Track mit ordentlichem Pogo-Potenzial. Lizal holt hier stimmlich alles raus.
Was war mit den Leuten im Dritten Reich?
Eine Ballade, die mit steigender Spielzeit (insgesamt 6:57!) Kraft und einen Sog entwickelt, der mitreißt. Das Thema von „Ob ich morgen noch so bin“ könnte nicht ernster sein. In Zeiten von rechtsradikalen Morden und Terroranschlägen, erstarkender AfD und Querdenkern auf der Treppe des Reichstags, beschäftigt sich der Text mit den Menschen im Dritten Reich. Wollten das wirklich alle? Oder waren sie feige? Schaffe ich es, stark zu bleiben? Könnte ich die Angst besiegen und Widerstand leisten? Zweifel bleiben, ob ich morgen noch so bin.
„Die Last auf ihren Schultern“ sollen wir sein. Probleme ansprechen belastet den Verursacher und kann befreien. Von Ängsten und Depressionen. Du spielst mit dem Gedanken, dein Leben zu beenden? LASS ES SEIN! Zeig ihnen die unbequeme Seite des Lebens.
Sie allein kennt die Wahrheit
Ein Riffgewitter, das dieser Allmacht Ehre erweist, leitet „Die Zeit“ ein. Sie hat alles gesehen, sie wird alles sehen. Auch den Untergang der Menschheit – und dann wird sie einfach weiterlaufen. Sie allein kennt die Wahrheit.
Bleib doch einfach mal zu Hause. Mach Pause. Deine neuen Klamotten, dein neues Smartphone oder Auto will niemand sehen. „Am Tag des Wochenendrebellen“ kommen sie aus ihren Löchern. Schöner, treibender Metalpunk.
Duett mit Gerre
„Der Mensch ist ein Schwein“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Hab ich schon erwähnt, wie schön Lizal Schwein singen kann?
Unter vielen Highlights auf dem Album sticht das Duett in „Jobcenter“ noch mal besonders hervor. Niemand geringeres als Gerre von Tankard unterstützt hier am Mikrofon! Die Probleme der Kulturschaffenden stehen textlich im Mittelpunkt. Denn sie sind zumeist keine Millionäre. Hier haben sie aber eine gute Reisegeschwindigkeit, auch wenn der Tourbus nicht mehr viel hermacht.
Die Längsten kommen zum Schluss
Kurz vor dem Ende wagt die Band mit „Aus demselben Sternenstaub“ noch den Blick auf das Große und Ganze. Was läuft falsch auf diesem Planeten? Alles. Und alles wird auch musikalisch ausgepackt: 7:19 Minuten pure Energie, eine epische Hymne auf den Untergang. Punk und Metal umarmen sich, bekennen die Liebe zueinander, die den Menschen so oft fehlt. Großartig!
Es wäre ein würdiger Abschluss für die Platte gewesen. Ein Ende, das dieses tolle Album verdient gehabt hätte. Doch der schleichende Abgesang in „Der imaginäre Widerstand“ greift das Kernthema des Albums noch einmal auf. In wahnsinnigen 7:33 hast du Zeit dich selbst zu finden. Befreie dich!
„Die Maschine von Morgen“ lässt dich voller Wut auf alles, was falsch läuft zurück. Außer du warst vorher schon wütend, dann könnte sich das noch steigern. Gleichzeitig gibt es Hoffnung. Musik ist immer Hoffnung. Wir kennen die Probleme, wir können es ändern!
Der Oilenköper
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"Die Maschine von morgen" (Foto: Oilenköper)